Pressemitteilung

OFFENER (Protest) BRIEF

Drohende Schließungen von fast 100 Einrichtungen in der Kinder und Jugendhilfe und Familienförderung im Berliner Bezirk Mitte

Sehr geehrter Herr Regierender Bürgermeister Kai Wegner,
sehr geehrter Herr Bürgermeister und Senator Stefan Evers,
sehr geehrte Frau Senatorin Katharina Günther-Wünsch,
sehr geehrte Staatssekretärinnen und Staatssekretäre,
sehr geehrte Frau Bezirksbürgermeisterin Stefanie Remlinger,
sehr geehrter Herr Bezirksstadtrat Christoph Keller,
sehr geehrte Mitglieder des Berliner Abgeordnetenhauses,
sehr geehrte Bezirksverordnete aus Berlin-Mitte,
sehr geehrte Damen und Herren,

mit großem Entsetzen haben wir, die Träger der freien Jugendhilfe im Bezirk Mitte, gemeinsam mit den betroffenen Schüler*innen, Kindern, Jugendlichen und ihren Familien zur Kenntnis genommen, dass ein wesentlicher Teil der vom Berliner Senat an den Bezirk Mitte gerichteten Einsparungsforderungen im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe und Familienförderung umgesetzt werden soll.

Der Bezirk Mitte hat mit den Trägern in den Leistungen des SGB VIII §11 der Jugendarbeit, §13.1 der Jugendsozialarbeit und §16 der Familienförderung nur noch Leistungsverträge bis zum 30.04.2024 geschlossen und den Zeitraum von Februar bis April als Auslauffinanzierung der Angebote definiert. Damit droht im Bezirk Mitte 53 Kinder- und Jugendfreizeiteinrichtungen, 28 Einrichtungen der schul und berufsbezogenen Jugendsozialarbeit und 14 Familienzentren das Aus und die Abwanderung von hochqualifizierten und erfahrenen Fachkräften aus fast 100 Einrichtungen!

Der Bezirk Mitte verabschiedet sich damit von Angeboten der Kinder- und Jugendhilfe, die sowohl eine präventive Wirkung entfalten als auch in akuten Krisensituationen unterstützen. Gerade benachteiligte Familien, Schülerinnen sowie Kinder und Jugendliche verlieren wichtige, verlässliche Ansprechpartner*innen, sichere Räume der Begegnung und Angebote, die zur Stabilisierung dieser Zielgruppen wesentlich beitragen. Wichtige Bestandteile der Präventionskette gehen verloren und die Weiterleitung in ergänzende Unterstützungsangebote (z.B. Therapien) wird verhindert. Die langfristig aufgebaute und bewährte bezirkliche Infrastruktur in Form bestehender Kooperationen und Netzwerke wird zerstört.

Gerade die niedrigschwelligen Angebote in den Jugendfreizeiteinrichtungen, Schulstationen und Familienzentren leisten einen wesentlichen Beitrag zur Gewährleistung des Kinder- und Jugendschutzes sowie der Familienförderung. In Zeiten von personellen Engpässen in den Regionalen Sozialpädagogischen Diensten (RSD) der Jugendämter, Bildungseinrichtungen, Raummangel und fehlenden therapeutischen Angeboten wird dieser Zielgruppe eine zentrale Unterstützung genommen – zumal eine funktionierende Sozialarbeit in diesen Angeboten die RSD der Jugendämter in den letzten Jahren deutlich entlastet hat.

Nach den Vorfällen Silvester 2022/23 wurden auf den Gipfeln gegen Jugendgewalt temporäre Maßnahmen beschlossen, die bestehende Angebote der Gewaltprävention in Jugend- und Familienarbeit ergänzen sollen. Diese Maßnahmen werden ad absurdum geführt, wenn die etablierten Angebote vor der Schließung stehen – genau die Bereiche, die laut dem Regierenden Bürgermeister Kai Wegner, auch nach Silvester 2023/24 zu stärken sind.

Sollten die Einsparvorgaben des Senats in der angekündigten Weise umgesetzt werden, sehen wir in den daraus resultierenden Schließungen einen gravierenden Verstoß gegen die Versorgungsverpflichtungen des SGB VIII und das Kinder- und Jugendfördergesetz sowie das Familienfördergesetz.

Diese Entscheidung ist unverantwortlich für den sozialen Frieden dieser Stadt! Wir fordern von Ihnen als verantwortliche Politiker*innen, sich für eine uneingeschränkte Sicherstellung und perspektivisch für einen Ausbau der Angebote einzusetzen! Wir erwarten, dass die Verantwortlichkeiten dabei nicht von der Landes- und Bezirksebene „hin und her“ geschoben, sondern gemeinsam Lösungen gefunden werden!

Im solidarischen Schulterschluss – die Träger der Jugendhilfe mit Angeboten in den §11, 13.1 und 16 im Bezirk Mitte und Unterstützer*innen:

AG §78 Familienzentren
AG 78 Jugendberufshilfe
AG §78 Jugendarbeit/Jugendsozialarbeit
AF §78 schulbezogene Jugendarbeit/Jugendsozialarbeit
AG §78 Mädchen und junge FLINTA
AWO Kreisverband Berlin-Mitte e.V.
Bethania Diakonie gGmbH
casablanca gGmbH
Clara Outreach
Club Dialog e.V.
Deutscher Familienverband, Landesverband Berlin e.V.
Ev. Klubheim für Berufstätige e.V.
Fabrik Osloer Straße e.V.
FiPP e.V.
Frecher Spatz e.V.
FVAJ e.V.
Gangway – Straßensozialarbeit in Berlin e.V.
KIDZ e.V.
Kinderschutzbund Berlin e.V.
Kinderverein Ottokar e.V.
Moabiter Ratschlag e.V.
OUTREACH.Berlin
Paul Gerhardt Stift Soziales gGmbH
Pfefferwerk Stadtkultur gGmbH
RAA Berlin
SOS-Kinderdorf Berlin
SprInt gGmbH
Stadtteilverein Tiergarten e.V.
Stiftung SPI
Stadtteilgruppe Moabit e.V.
tandem BTL gGmbH
teeny Musik treff – Evangelische Kirchengemeine Am Humboldthain
Wohnwerkstatt e.V.
Zukunftsbau GmbH

Die Absender im Namen des Bündnisses

Heidi Depil, casablanca gGmbH, Bürgerdeputierte im JHA
Sabine Derwenskus-Böhm, AWO Kreisverband Berlin-Mitte e.V., Bürgerdeputierte im JHA
Anne Luther, SOS Kinderdorf Berlin, stellv. Bürgerdeputierte im JHA
Sascha Mase, tandem BTL, Bürgerdeputierter im JHA
Christian Neumann, Kinderschutzbund Berlin, Bürgerdeputierter im JHA
Irene Stephani, Stadtteilgruppe Moabit e.V., stellv. Bürgerdeputierte im JHA